1939 bis 1947
Generalmobilmachung in der Schweiz, Zweiter Weltkrieg und erste Nachkriegsjahre
«Richtig betriebenes Jugendwandern ist heute ein anerkanntes und vorzügliches Erziehungsmittel im Dienste der moralischen, geistigen und körperlichen Ertüchtigung der Jugend. Nicht zuletzt hilft es der drohenden Verwahrlosung vorzubeugen und fördert überdies wichtige Eigenschaften unserer künftigen Soldaten.»[1]
Wandern will gelernt sein, Wandern macht wehrhaft
Die Befürchtungen eines baldigen Kriegsausbruchs werden grösser. Umso wichtiger ist, dass die jungen Männer, die vielleicht bald an die Front ziehen müssen, physisch fit und geistig wehrhaft sind.
Die Landesausstellung 1939 in Zürich – der Landi, wie sie im Volksmund heisst – wird im Angesicht der faschistischen Bedrohung durch die beiden Nachbarländer Deutschland und Italien zu einem zentralen Eckpfeiler der Geistigen Landesverteidigung. Die Wehrbereitschaft und der Zusammenhalt der Schweiz nehmen darin einen zentralen Aspekt ein. Auch die Schweizer Jugendherbergen sind vertreten: Sie bauen mit dem Verein Jugendhaus Zürich ein Musterhaus, das auch als Jugendherberge dient.
«Halb Ernst halb Spiel zeigt dazwischen das oberhalb des Freilufttheaters errichtete ‘Haus der Jugend’ (…). Entsprechend der Mannigfaltigkeit seines Inhalts ist dieses, durch ein freiwilliges Arbeitslager errichtetete Haus auch formal so bewegt. Sein Inhalt gibt Aufschluss über die Freizeit-beschäftigung unserer Jugend. Wandern, Bastelarbeit, Nächstenhilfe, Arbeitsdienst und Sport; ferner religiöse Erziehung, Pfadfinderwesen, Wanderberatung und Jugendherbergen und was zur Erziehung unserer jungen Eidgenossen ausserhalb von Haus und Schule gehört. (…) Das Ganze ist reizend.»[2]
Die Idee eines kombinierten Hauses als Jugendtreffpunkt und Herberge findet aber vorderhand keine Nachahmer, das Gebäude wird nach dem Ende der Landesaustellung im Oktober abgerissen. Erst die 1956 eröffnete Jugendherberge in Bern wird nach dem Landi-Vorbild als gemischtes Haus gebaut.
Noch während der Landi befiehlt Adolf Hitler den Überfall auf Polen, am 1. September 1939 bricht damit der Zweite Weltkrieg in Europa aus. In der Schweiz wird die allgemeine Kriegsmobilmachung für den nächsten Tag ausgerufen. Das Leben der Menschen änderte sich auf einen Schlag. Auch bei den Zürcher Jugendherbergen müssen alle Männer des Vorstands in den Aktivdienst einrücken; schnell wird noch sichergestellt, dass das Jugendherbergswerk weiterbestehen kann.
Ab 1940 gibt es in den Schweizer Jugendherbergen nur noch vereinzelt ausländische Gäste. Fast die Hälfte der fast 175’000 Besucher*innen sind im zweiten Kriegsjahr Militärangehörige.
Um die Belegung in den Kriegsjahren zu verbessern, wirbt der Verein für Jugendherbergen Bern in einer Beilage zur Schweizerischen Lehrerinnenzeitung kräftig für Schulreisen zu seinen Häusern. Über 1000 Schulen hätten 1942 die Unterkünfte genutzt und die Qualität habe sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verbessert: «Geräumige Schlafräume mit Betten oder Pritschenlagern, getrennt für Burschen und Mädchen, Wanderküchen für Selbstkocher, Führerzimmer für Lehrer und Gruppenleiter und auch Aufenthaltsräume, sind in ihrer Kapazität derart bemessen, dass eine Schulklasse von dreissig Schülern ohne weiteres eine Unterkunft findet.»[3]
[1] Zit. nach Schweizerische Lehrerinnenzeitung, Band 44, Heft 13, 1940, S. 220f.
[2] Schweizerische Bauzeitung, 1939, Band 113, Heft 18, Baubericht auf Ende April 1939 zur Eröffnung der Schweizerischen Landesausstellung, S. 216.
[3] Beilage des Vereins für Jugendherbergen Bern zur Schweizerischen Lehrerinnenzeitung , Band 48, Heft 17, 1943-1944).
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